Dallara Stradale ist 10x besser als die Elise S1 111s! Weil: 10x teurer

Haaaalllt halt! Das war jetzt ein provokativer Titel.

Ich habe das Privileg, beide fahren zu dürfen und erlaube mir mal meine, selbstverständlich subjektive, Meinung.

Es geht um den Dallara Stradale Barchetta, in der gefahrenen Version rund 200’000 CHF, und die Elise S1 (111S), Occasion um die 30’000 CHF.

Seit nun über 20 Jahren bin ich der Elise verfallen, und das wird sich auch nie änden. Sie ist brilliant, schnell, präzise, einfach wunderbar.

Aber: müsste dann ein Sportwagen, der 10x (ok, etwa 7x) teurer ist als eine gebrauchte Elise, 7x besser sein?

Mit Elise/Exige S1 habe ich eine sechsstellige km-Distanz zurückgelegt, in den letzten 20+ Jahren. Im Dallara 4000km seit April 2022. Da darf ich mir eine Beurteilung anmassen, oder nicht?

Zu Beginn die Fakten:

Lotus 145ps, 174Nm bei 4500 U/Min, 1796ccm, 4 Zylinder, 714kg, 0-100 in 5.4 Sekunden

Dallara 400ps, 500Nm bei 3000-5000 U/Min, 2300ccm, 4 Zylinder, 800kg, 0-100 in 3.25 Sekunden

Werksangaben.

Zahlenmässig ist der Dallara überlegen, aber nicht 7x, dann müsste er ja 1015ps haben, 1218Nm und in «unter null» auf 100km/h beschleunigen. Blödsinn also.
Wie lebt es sich nun mit diesen Kisten?

Dallara Stradale Barchetta:

• Einsteigen ohne Türen – kein Problem. H-Gurte.
• Kein Dach, keine Windschutzscheibe, das «Kofferräumchen» ist ein Witz, Sitze fix, Pedale und Lenkrad verstellbar. Ab 100km/h Helm empfehlenswert

Fahren:
• Knackige Kupplung mit klarem Druckpunkt
• Bremsen BREMSEN richtig geil
• Beschleunigung: gewaltig
• Präzision beim Lenken: Wie ein Skalpell
• Verwindung: nicht vorhanden
• Fahrwerk und Kurven fahren: von einem anderen Stern
• Sound: dürftig (Euro 6d), optional gibt es einen röhrigen Auspuff ohne Strassenzulassung
• Alltagstauglichkeit: es kommt darauf an ? Dank viel Technik von Ford (Motor, Getriebe) kann man ihn fahren wie einen Ford Focus. Wenn man will. Will man aber nur ganz selten.

Lotus Elise S1 (111s)

• Einsteigen: mit zunehmendem Alter schwer, aber machbar ?
• Dach, Windschutzscheibe, Scheibenwischer, alles vorhanden – ganzjahrestauglich

Fahren:
• Kupplung mit ausreichend Weg
• Bremsen – bremsen gut
• Beschleunigung: mehr als genug für die Strasse
• Präzision beim Lenken: exakt und knackig
• Verwindung: eigentlich nicht vorhanden (ja, es klappert und rappelt, aber es ist ein Lotus!)
• Fahrwerk und Kurven fahren: auch die Elise ist viel zu schnell für öffentliche Strassen, finde ich
• Sound: kommt auf die Auspuffanlage an
• Alltagstauglichkeit: Durchaus vorhanden, das hängt ja immer von der Definition ab

Mein Fazit.

Der Dallara ist der HAMMER, kompromisslos, ein Carbon-Renner, der auf den Racetrack gehört. Viel, viel zu schnell für die Strasse. Leider aber trotzdem seeeehr geil, ich liebe ihn. Noch mehr, seit ich die Fabrik besuchen durfte. Es ist unglaublich, was die Italiener hier in den Autoklaven mit Carbon zaubern, im Windkanal feinschleifen und auf der Rennstrecke optimieren. Diese Präzision, Leidenschaft und Liebe, das ist sehr italienisch.

Wie Giampaolo Dallara sagte: «In diesem Auto habe ich alle Fehler eliminiert, die ich in den vergangenen 50 Jahren gemacht habe».

Die Elise? Sie ist ja schon bald ein Veteran (2026), und ein faszinierendes Stück Ingenieurskunst. Alu, Leim, Plastik. Ihr habe ich vor langer Zeit mein Herz geschenkt, und das wird auch so bleiben. Für immer.

Wenn ich umsteige vom Dallara in die Elise, dann denke ich schon auf den ersten Kilometern: «Was für eine charmante Klapperkiste, ich fühle mich daheim, du Biest, du bist schnell, knackig, praktisch, und mehr braucht es gar nicht. Weder mehr Leistung, mehr Bling, mehr Luxus, mehr Geld»

Oder sollte ich besser mit einer modernen Exige oder einem Evora mit 400ps vergleichen? Sowas hab ich leider nicht im Köcher.

Aber trotzdem. Ich gebe ein Unentschieden. So ähnlich und gleichzeitig so weit auseinander, da kann ich keine «Punkte» vergeben. Ich bin sehr dankbar, dass ich das Privileg habe, alle diese Dinger zu fahren, ohne sie zu besitzen ?

Dallara, Lotus, Super 7 und weitere Klassiker mieten, das geht übrigens ganz einfach bei „Rent a Classic“ (falls Du mal über den Tellerrand schauen willst).

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