Das scharfe Ess und die Gänsefüsschen

Liebe Leserin, lieber Leser

Als Schweizer in der Schweiz schreibe ich Nuancen anders als die Kolleginnen und Kollegen im „grossen Kanton“, wie wir unser nördliches Nachbarland gerne nennen. Ich möchte gleich zur Einleitung das Gerücht aus der Welt schaffen, dass wir Schweizer unsere deutschen Freunde als „Gummihälse“ bezeichnen oder alle Bundesbürger als „Schwaben“ über einen Kamm scheren. Das ist nicht wahr!

Feinheiten
Das scharfe „S“ benutzen wir nicht. Das „ß“ lässt sich auf einer Schweizer Tastatur zwar mit einem ASCII-Code erzeugen, findet aber bei uns keine Verwendung. Für „Anführungszeichen“ kennen wir Varianten, die oft hitzig diskutiert werden. Hier kommen Gänsefüsschen („Hochkomma“) und typografische Zeichen wie „ “ oder «» zum Einsatz.

Jetzt wird es schmutzig

Sprachlich trennt uns nicht viel von den Deutschen, möchte man meinen. Und doch: „Spargeln“ ist bei uns keine unanständige Tätigkeit, sondern die Mehrzahl von Spargel, eine Ständerlampe ist keine Penis-Beleuchtung und wir parkieren das Auto anstatt es zu parken. Besonders vorsichtig sein müssen die Camper, denn ein „Zeltli“ ist nicht etwa ein kleines Zelt, sondern ein Bonbon. Wenn Du einen Schweizer triffst, der Dir ein freundliches „Tschüss“ zuruft, dann will er Dich nicht gleich wieder loswerden – in einigen Kantonen begrüsst man sich so.

Helvetismen

Ein „Nüsslisalat“ besteht nicht aus Nüssen, es handelt sich vielmehr um einen Feldsalat. Einen „Gipfel“ findest Du nicht nur in den Alpen, sondern auch in der Bäckerei (Hörnchen oder Croissant) und beim „Morgenessen“ wird nicht der Vormittag verspiesen, damit ist das Frühstück gemeint. Ganz gemein ist die „Peperoni“: In Deutschland ist sie als Paprika bekannt, in Grossbritannien bekommst Du mit dieser Bestellung eine Salamiwurst vorgesetzt. Böse Falle für Vegetarier bei der Auswahl einer Pizza! Wenn Dir ein Schweizer ein „Voressen“ anbietet, dann wird er nicht Deine Mahlzeit vorkauen. Es handelt sich dabei um ein Gericht mit Gulasch oder Ragout.

Selbst im eigenen Lande mit Unterschieden

Aber auch innerhalb der Schweiz gibt es Wörter, die in verschiedenen Kantonen unterschiedliche Bedeutungen haben können. Ein „Bölle“ kann sowohl eine Zwiebel als auch ein Ball sein und „Müntschi“ ist dasselbe wie ein „Schmutz“, nämlich ein Küsschen. Vorsicht: Der „Schmutzli“ ist kein „Küsser“, sondern der Knecht Ruprecht, der den Weihnachtsmann begleitet …

Du siehst, es ist nicht besonders kompliziert uns zu verstehen, im Gegenteil. Oft führen Missverständnisse in erheiternden Diskussionen über die Sprache.

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